Page 14 - 3. Teil: Kratylos hat Recht - Kurt Olbrich
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über eine entsprechende Deutungsf?ihigkeit verfügen, was ntsätz-
lich eine Kombinationsfiihigkeit voraussetzt, die ihrerseits eine
erneut erhöhte Intelligenz sowohl voraussetzt als auch wieder zur
Folge hat.
2. Schritt: Bildung von Umschreibungen
Obgleich der Mensch schon Bedeutungsfelder gebildet und auf
diese Weise den einzelnen Lauten mehrere Inhalte zugewiesen hat,
reichen die (kontrolliert sprechbaren) Laute nicht aus, um alles das
auszudrticken, was auszudrücken ist. Der moderne Homo sapiens
hilft sich damit, dass er Dinge und Tätigkeiten mit den
vorhandenen Einzellautwörtern zu umschreiben beginnt. Sollte
bspw. ftir den ,,Morgen" kein Einzellaut vorhanden gewesen sein -
was angenommen sei -, so kann nun eine Umschreibung mit
vorhandenen Lautwörtern vorgenommen werden, bspw. mit den
hier als vorhanden angenommenen Lattwörtern ,,Sonne" und
,,aufgehen". Der Morgen kann in diesem Fall umschrieben werden
als ,,Sonne aufgehen". Sollte gesagt sein: ,,Ich komme am
Morgen", dann wäre folgende Umschreibung möglich: ,,Sonne
aufgehen, ich komme". Würde die Sonne mit dem Laut O benannt
sein6 und die Tätigkeit ,,aufgehen" bspw. mit dem Laut R, dann
würde der Morgen mit der Lautkombination OR zum Ausdruck
gebracht werden können.
Die Umschreibung fiir den Morgen könnte aber auch lauten:
,,Sonne (O) sich bewegen (S) hoch (T)", wobei angenommen sei,
dass der Laut T den Inhalt ,,hoch" aufiveist. ln diesem Beispiel ist
das Verb nicht durch den Laut R : aufgehen wiedergegeben,
sondern durch den Laut S : sich bewegen, ergänzt durch das
Adverb T : hoch, aber es würde doch dasselbe zum Ausdruck
gebracht sein. In diesem Fall wäre der Morgen mit der
Lautkombination O-S-T : ,,Sonne (O) sich bewegt (S) hoch (T)"
zum Ausdruck gebracht.
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Die Sonne wird im Allgemeinen mit dem Buchstaben E (: Mächtiges) oder
einer Lautkombination wie bspw. LI (.,auf und ab Heißes") bezeichnet.
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